miércoles, 25 de julio de 2012

Öl vom Schatzmeister und Wein aus Leidenschaft

Wer sich vom Strand losreißen kann, findet im Landesinneren von Mallorca Paradiesisches für Leib und Seele





VON HEIDI DIEHL



Von wegen, einen alten Baum verpflanzt man nicht! Joan Miralles tat es – einen uralten sogar. Mehr als 500 Jahre hat der knochige Olivenbaum unter der Rinde, so genauweiß das keiner. Der Methusalem war ein Geschenk eines Freundes zur Firmengründung vor zwölf Jahren. Eines mit Hintersinn gewissermaßen: Denn, wenn man Joan auch nicht gerade als alten Knochen bezeichnen kann, so hatte er, als er 2000 den lange brachliegenden Grund und Boden einer uralten Finca rund 30 Kilometer östlich von Palma de Mallorca kaufte, doch schon rund fünf Jahrzehnte auf dem Buckel. In einem Alter, in dem andere bereits Pläne für den in gar nicht so ferner Zukunft liegenden Ruhestand schmieden, begann er noch einmal
ganz von vorn.

Damals war Joan leidenschaftlicher Hotelier, sein Geschäft brummte. Zumindest im Sommer. Im Winter sah es da schon – wie fast überall auf der Deutschen liebsten Insel – anders aus. Da kam dem Gourmet die Idee, sich eine Olivenplantage anzuschaffen. Die würde ihm und seinen Mitarbeitern eine Ganzjahresbeschäftigung ermöglichen. Den Geschmack, den sein Öl einmal haben sollte, trug der künftige Bauer als ideelles Muster bereits auf der Zunge. Einziger Wermutstropfen: Joan wusste so gut wie nichts über Landwirtschaft und schon gar nichts über Olivenölproduktion. »Vier Jahre lang haben wir das Land urbar gemacht, ehe wir die ersten Bäume pflanzen konnten. Es war eine Schinderei. So schlimm hatte ich es mir nicht vorgestellt«, erinnert er sich. Rund 3000 Setzlinge pflanzten er und seine Mitarbeiter, die früher Rezeptionist und Kellner in seinem Hotel waren, in die steinige Erde. Inzwischen sind die Winzlinge zu kräftigen fast zwei Meter hohen Bäumen herangewachsen, vor drei Jahren konnte aus ihren Früchten erstmals Öl gepresst werden.

Längst ist die Landwirtschaft für Joan Miralles, der das Unternehmen seit einiger Zeit mit seiner Tochter Marga führt, kein Buch mit sieben Siegeln mehr. Ansonsten hätte es sein extra vergin Olivenöl, das erstmals 2010 auf den Markt kam, sicher nicht auf Anhieb in die höchste Qualitätsklasse geschafft. Unter dem Namen »Treurer« kann man es mit einem bisschen Glück auch in Deutschland, Skandinavien und den Vereinigten Arabischen Emiraten bekommen. Der Name übrigens kommt von der uralten Finca, die Miralles in seinen Ölbaumgarten verwandelte, und bedeutet so viel wie »Schatzmeister«. Was ja irgendwie auch auf Joan zutrifft.

Das Hotel hat er inzwischen verkauft, um sich ausschließlich der Ölproduktion zuzuwenden, ein guter und leidenschaftlicher Gastgeber ist er aber nach wie vor. Jeder Interessierte ist herzlich willkommen. Er oder Marga führen die Besucher durch den Olivenhain, antworten geduldig auf all ihre Fragen und bitten sie zuletzt unter eine schattige Pergola, wo ihnen Ölbauer José formvollendet – schließlich war er mal Oberkellner in Miralles' Hotel – kleine Köstlichkeiten aus der mallorquinischen Küche anbietet und wo sie natürlich zu einer Ölverkostung eingeladen werden.

Könnte der Ölbaum-Methusalem, der seinen repräsentativen Platz gleich neben der Pergola fand, reden, er würde seinem stolzen neuen Besitzer sagen, was er tun sollte, damit seine Öle noch in Jahrhunderten in aller Munde sind. Von Pedro Ribas de Cabrera würde er ihm erzählen, der 1711 im Dorf Consell – nur wenige Kilometer von Joan Miralles Olivenplantage entfernt – mit dem Bau einer Bodega begann. Auch dessen Land war steinig, und auch Pedr musste sich schinden, ehe er den ersten Schluck Wein aus eigenem Anbau probieren konnte. Wie der schmeckte, ist nicht überliefert, doch das, was seine Nachfahren alljährlich auf die Flaschen ziehen, zählt zu den besten Weinen, die die Insel zu bieten hat. Seit 300 Jahren nun hat sich in der Familie Ribas die Passion für die edlen Rebensäfte von Generation zu Generation weitervererbt. Und jede hat ein bisschen was verbessert, ohne jedoch das Wissen der Altvorderen aus den Augen zu verlieren.

Heute ist die Bodega Ribas die älteste auf Mallorca und die drittälteste in ganz Spanien. Die Geschwister Araceli und Javier Ribas führen das Unternehmen in 13. Generation mit der gleichen Leidenschaft, wie einst ihr Ahne Pedro vor 300 Jahren. Beide haben Önologie studiert, und beide sammelten Erfahrungen auf Weingütern in verschiedenen Ländern. 40 Hektar groß ist ihr Weinberg, auf dem sowohl weiße als auch rote Trauben reifen. Tradition leben, heißt für die beiden Mittdreißiger auch, alte und zum Teil fast vergessene einheimische Rebsorten zu kultivieren. Wie zum Beispiel die rote Traube Manto negro, die den Hauptbestandteil des Jubiläumsweines zum 300. Gründungsjahr bildete. Nur 1230 Flaschen wurden vom »Sió 300« produziert, wer eine davon abbekam, durfte sich glücklich schätzen. Nur die besten Trauben von über 60-jährigen Rebstöcken waren gut genug für die Jubiläumsedition.

Solche alten Stöcke kann selbst der Laie gut ausmachen. Ähnlich wie bei alten Olivenbäumen beeindrucken sie mit knochig verholzten Stämmen. Noch faszinierender allerdings ist etwas Unsichtbares – ihre Wurzeln. Die graben  sich bis zu zehn Meter in den steinigen Boden. Da muss man sich nicht wundern, dass die Rebstöcke selbst bei wochenlanger sengender Hitze ohne jede Bewässerung auskommen. Ganz anders, als die Besucher, die die jungen Weinbauern gern durch ihr riesiges Anwesen führen. Sie kippen auf dem schattenlosen Rundgang flaschenweise Wasser in sich hinein und atmen sichtbar auf, wenn es endlich in den Weinkeller geht. Mancher ist dort zunächst ein wenig enttäuscht, den vor allem sind es modernste Stahltanks, die sie da zu sehen bekommen. Daneben aber gibt es nach wie vor auch noch Tontanks von anno dazumal, in denen besondere Schätze ausgebaut warden.

Nach so viel Theorie trifft man sich im  ben so gut temperierten wie sanierten Stammhaus der Bodega am großen runden Tisch, um die Weine zu  erkosten und sich traditionelle mallorquinische Gerichte munden zu lassen. So wie es schon Firmengründer Pedro Ribas de Cabrera tat, wenn er mit Freunden auf die Mühen und Freuden der harten Arbeit angestoßen hat.

Isalud Pedro, zum Wohl Joan – auf alle, die die Traditionen pflegen, die ihr Land prägen und ohne die der Urlaub für uns nicht halb so schön wäre!




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